Der Burgunder Jahrgang 2023:
36 Weine aus einem paradoxen Jahrgang

Der Burgunder-Jahrgang 2023 ist als einer aller Gefahren in die Geschichte eingegangen. Wir haben es in unserem entsprechenden Artikel (Link) berichtet. Relativ nasse und zugleich warme Wetterbedingungen stellten das ganze Jahr hinaus die Winzer vor grosse Herausforderungen, da diese Bedingungen eine potenzielle Traubenüberproduktion begünstigten. Nicht zufällig vergleicht Allen Meadows, Burghound, 2023 vom Wetterprofil her mit den Jahrgängen 1992 (ein sehr mittelmässiger, jung zu trinkender Jahrgang voller Kontraste und erfreulicher Überraschungen) und 2000 (ein sehr guter Weisswein-Jahrgang, ein unterschätzter Rotwein-Jahrgang), die nicht in die Annalen des Anbaugebiets eingegangen sind. Dennoch haben die sorgfältigen und fleissigen Arbeiten im Weinberg Erzeugnisse hervorgebracht, die die einzigartige Kombination aus Terroir, Tradition und modernem Können widerspiegeln. Ein Jahr also mit heterogenen Ergebnissen, von denen viele, wenn ausgereift, ein beeindruckendes Niveau erreichen werden.

Ein paar Weine

Wir bewerten 30 Weine und empfehlen sechs zusätzliche, wobei wir einige davon in den entsprechenden Domaine-bezogenen Berichten bewertet haben. Wir betonen, dass es riskant wäre, auf der Grundlage der folgenden Bewertungen voreilige Schlüsse zu ziehen. Wir erinnern daran, dass es sich hierbei um Ausnahmeweine handelt und dass die Fachleute vor einer doppelten Herausforderung stehen:

  • Einerseits sind die auf Messen präsentierten Weine nicht unbedingt die unattraktivsten.
  • Andererseits muss man anerkennen, dass der Weinliebhaber, ob Profi oder nicht, nicht die Gewohnheit hat, sich auf die am wenigsten gelungenen Weine zu stürzen.

Was die Noten betrifft, unterscheiden wir zwischen den Erzeugnissen, die im November 2023, und denjenigen, die im November 2024 verkostet werden konnten. Auch wenn der Wein unbestreitbar in den Weinbergen entsteht, haben uns verschiedene Fälle, mit denen wir insbesondere beim Jahrgang 2015 konfrontiert waren, gezeigt, dass es immer möglich ist, einen Jahrgang im Weinkeller zu verpfuschen. Daher sind unsere Bewertungen auf der Grundlage von Verkostungen, die im November 2023 stattfanden, rein indikativ. Die Weine, die hingegen frühestens im November 2024 verkostet wurden, befanden sich in einem fortgeschrittenen Stadium ihres Ausbaus. Diese Bewertungen dürfen als durchaus zutreffend angesehen werden.

Chavy-Chouet, Meursault 1er Cru Les Charmes 2023

Dieser Wein wurde am 15. Mai 2025 im Rahmen der grossartigen Veranstaltung, die die Tessiner Weinhandlung ARVI (Link) in Zürich organisiert hat, verkostet.

70-jährige Rebstöcke. 20 Prozent neues Holz.
Was für eine intensive, frische, raffinierte, reintönige und präzise Nase, die alle Sinne erweckt. Eine richtige Vorstufe zum Genevrières mit einer durchaus ähnlichen Tiefe sowie ebenfalls komplexen, verführerischen Düften nach kandierten weissen Früchten, getoastetem Brot, Brioche und gerösteten Mandeln, das Ganze auf einer präsenten mineralischen Grundlage. Der vollmundige, saftige, durchaus harmonische, reintönige und präzise Gaumen steht dem Bouquet in nichts nach und es entsteht das Gefühl eines vollkommen kohärenten Erzeugnisses. Der Abgang ist erfrischend, sehr langanhaltend und verabschiedet sich mit einem attraktiven Zusammenspiel zwischen der Fruchtsüsse und salzigen Ansätzen. 18-18.25/20 (93-94/20).
Dieser Wein kostet in der Schweiz CHF 107.- bei ARVI.

Simon Colin, Chassagne-Montrachet 1er Cru Les Chaumées 2023

Am 15. November 2024 im Rahmen des « Fêtes des Grands Vins » (Link) verkostet.

Ein junger, durchaus sympathischer, bodenständiger Winzer, Sohn von Philippe Colin, der 2017 seine eigene Domaine (Link) mit 9.3 Hektaren Weinbergen in Saint-Aubin, Chassagne-Montrachet, Santenay und Maranges gegründet hat und der verdient, dass man sich dafür interessiert. Sein Motto: seine Reben mit dem gleichen Fleiss zu pflegen, als ob er bereits biodynamisch zertifiziert wäre, und doch sicherstellen, dass seine Weine viel Genuss bieten. Die Rebstöcke des Chaumées befinden sich auf zwei Parzellen, eine im Lieu-dit Les Chaumées, in dem die Rebstöcke 1989 und 1991 angepflanzt wurden, während sie im abgeschlossenen Lieu-dit Clos Saint-Abdon zum grössten Teil 1973 und 1976 gepflanzt wurden.
Elegante, zunächst zurückhaltende, geschliffene Nase mit reintönigen, präzisen und schliesslich komplexen Düften nach Zitrusschalen und Haselnüssen auf einem mineralischen Hintergrund. Die Rasse dürfte mit der Zeit kommen, das Versprechen ist vorhanden. Vollmundiger, saftiger, erfrischender Gaumen, sehr gut eingebundene Säure, die die köstliche Frucht umhüllt, die Zitrusfrucht im Bouquet ist klar wiedererkennbar. Rundum harmonisch, geschmackvoll und geschmeidig, ein Wein, der richtig Spass macht und durch die Qualität der anderen Erzeugnisse der Domaine, die bei der Veranstaltung verkosten werden durften, auf dem Podest bestätigt wird. 17.75/20 (92/100).

Benjamin Leroux, Meursault-Blagny 1er Cru La Pièce sous le Bois 2023

Dieser Wein wurde am 15. Mai 2025 im Rahmen der grossartigen Veranstaltung, die die Tessiner Weinhandlung ARVI (Link) in Zürich organisiert hat, verkostet.

Das Climat La Pièce sous le Bois erstreckt sich auf 11.15 Hektaren und darf mit Chardonnay genauso wie mit Pinot Noir bepflanzt werden. Benjamin Leroux bewirtschaftet 1.55 Hektaren für seinen Weisswein und 0.44 Hektaren für den Rotwein. Die Chardonnay-Parzelle befindet sich auf einer Höhe von 330 m.ü.M., gerade unterhalb des Waldes. Die Rebstöcke wurden 1953 angepflanzt.
Die sinnliche, vielversprechende, elegante, straffe, reintönige und präzise, tiefsinnige Nase offenbart frische, ja sogar kühle, komplexe Düfte nach Schalenfrüchten, Zitronen, Zitrusfrüchten, etwas Exotischem, dabei Diskretem, und einer Menge an mineralischen Komponenten. Es entsteht ein sehr raffiniertes, schlankes, verführerisches Gefühl und das bereitet sehr viel Spass. Sehr frischer Antrunk im gleichen Register. Der Saft im vollmundigen, reintönigen und präzisen, frischen Gaumen entwickelt sich mit der Zeit und zeigt nicht nur Präsenz, sondern auch eine sehr gut eingebundene, dabei prägnante Säure. Es ist eindeutig grosses Kino, was da geboten wird. Dieser Saft wirkt besonders elegant und verabschiedet sich schliesslich sehr lang, konsistent und subtil salzig. 17.75-18/20 (92-93/100).
Dieser Wein kostet in der Schweiz CHF 113.50 bei ARVI.

Olivier Bernstein, Clos de la Roche (Grand Cru) 2023

Domaine-Besuch. Eine betörende, rassige, tiefsinnige, reintönige und präzise, äusserst elegante und vielversprechende Nase mit komplexen, vielschichtigen und süsslichen Duften nach Erdbeeren, Himbeeren, dunklen Früchten, zum Teil kandierten Kirschen und floralen Komponenten, die auf die 80 Prozent nicht entrappter Trauben zurückzuführen sind, sowie nicht zuletzt einer prägnanten Mineralität, da der Unterboden des Lieu-dits aus Steinplatten besteht. Wer wissen möchte, was ein grandioser Clos de la Roche ist, soll unbedingt dieses Erzeugnis verkosten. Vollmundiger, schlanker, saftiger, raffinierter Gaumen mit enorm viel Komplexität, Frische und Geschmack, Eleganz und schlechthin Klasse. Vielschichtige Aromen von ausgereiften schwarzen Früchten, Unterholz, würzigen Elementen und wiederum floralen Komponenten füllen den Mund, während die konzentrierten, geschliffenen Tannine und die Mineralität sie in einer vollkommenen Harmonie begleiten. Ein grossartiger Wein bis zum langanhaltenden Abgang. 18.5-19/20 (95-97/100).

Christophe Perrot-Minot, Morey-Saint-Denis (Villages) La Rue de Vergy 2023

Am 15. November 2024 im Rahmen der « Fêtes des Grands Vins » (Link) verkostet.

An und für sich eine Überraschung in dem Sinne, dass dieser Jahrgang nicht sonderlich lagerfähig sein sollte. Er bietet zwar eine finessenreiche, energische, zum guten Teil rassige Nase mit bereits gut wahrnehmbaren, reintönigen und präzisen, mittelkomplexen Düften nach Kirschen, Himbeeren, Veilchen und prägnanten mineralischen Elementen (Kalk!), seine unmittelbare Aufgeschlossenheit überrascht aber etwas. Die Mineralität ist im eleganten, verführerischen, stoffigen Gaumen wieder zu erkennen, wobei die köstliche Frucht nicht ganz in der Balance steht. Ich hätte auch mehr Konzentration erwartet. Immerhin ein sehr schönes Erzeugnis von einem absolut talentierten Winzer. 17.5-17.75/20 (91-92/100).


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