Vincent Ledy, der Jahrgang 2022

Vincent Ledy (Link) ist ein Ästhet. Er ist aber zugleich auch ein Epikureer. Keine Anstrengung, weder im Weinberg noch im Keller, ist überflüssig, damit seine Weine Präzision, Frische, Eleganz und Verfüh­rungspotenzial ausstrahlen. Aber nicht nur. Vincent Ledy ist sowohl ein epiku­reischer Ästhet als auch ein Freidenker, womit er immer wieder Eifersucht geweckt hat, er ist aber zu­gleich auch ein durchweg bodenständiger Aquarellmaler. In diesem Sinne wäre er bestimmt richtig verlegen, wenn er über verschiedene Rebsorten verfügen würde, mit deren Hilfe er von Jahrgang zu Jahrgang die Schwächen seiner dominierenden Rebsorte ausbessern könnte. Aquarell lässt keine Chan­ce zu, entweder schafft der Künstler unmittelbar ein wunderschönes Werk oder er bleibt auf der Suche nach neuem Wissen und neuen Fähigkeiten, die ihm helfen, seine Kunst zu perfektionieren.


Eine Verkostung mit Vincent Ledy ist selten das, was übli­cherweise unter diesem Be­griff verstanden wird. Statt­dessen ähnelt sie wohl eher einer In­itiationsreise durch die Lieux-dits, durch die be­nachbarten, mehr oder weni­ger renommierten Premiers Crus, durch die Jahrgänge und ihre je­weiligen Unwäg­barkeiten, die dazu führen, dass ein theoretisch einfaches Jahr letztlich weniger einfach sein kann als ein anderes, das von den Ex­perten als kompliziert bezeichnet wird. Das Ganze wird von einer intellektuellen Sub­stanz durchdrungen, die alle Sinne – und ich betrachte die zerebrale Lebendigkeit als einen solchen – wachrüttelt. Wir gehen von einem Wein, bei dem alle Parameter zu einem blendenden Ergebnis ge­führt haben, zu einem anderen über, der im Fass mehr Arbeit vorausgesetzt hat, um ebenfalls ein grossartiges Ergebnis zu liefern. Vincent Ledy befragt seinen Besucher ebenso wie sich selbst, es ist kein Weinbau mehr, sondern ein Discours de la Méthode, ohne dass wir Descartes namentlich erwäh­nen. Ob der Weinbau uns auf der Reise be­gleitet? Selbstverständlich, Vincent Ledy verbindet Neugier, Introspektion und geistige Gewandtheit, was ihm in seinem Vorgehen entgegenkommt. Die Verkostung des Jahrgangs 2022 bestätigt dies ein­mal mehr. Aus dem gleichen Lieu-dit entstehen bis zu drei Weine.



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