Yquem 2011

Der Chateau d’Yquem 2011 wurde nicht en primeurs angeboten. Also ein zusätzlicher Grund, um ihn jetzt zu verkosten. Im Rahmen der Veranstaltung „Rote Grössen aus Pomerol, Edelsüsse Legenden aus Sauternes“, welche die Zeitschrift Vinum am 12. Juni 2014 im Zürcher Kongresshaus organisierte, konnten sogar zwei Jahrgänge verkostet werden: 2009 und 2011. Wir bewerten hier den 2011er.

yquem2011Von der Qualität her erinnert der Jahrgang 2011 der Süssweine aus Bordeaux an den unvergesslichen 2001. Über 2001 schrieb Michel Bettane vor etwa zehn Jahren, dass die Sauternes auf so einem Niveau seien, dass sie extrem lang leben würden. Das heisst, sie würden erst nach dem grössten Teil von uns Menschen sterben…

80% Semillon und 20% Sauvignon Blanc. Bereits die Farbe, welche zwischen Hellgelb und Silber schwankt, fasziniert. So macht es auch die Nase. Extrem edel, extrem fein und finessenreich, extrem tief und subtil, reintönig und präzis, extrem ausgefeilt und doch intensiv. Ein purer Wahnsinn, welcher an grandiose Barsacs erinnert. Sagte übrigens Michel Bettane nicht einmal, Yquem sei der Barsac von Sauternes? Was sich auch im Gaumen bestätigt! Die Nase enthüllt eine derartige Komplexität auf einem zerebralen Niveau, dass mir gewisse Veranstaltungsbesucher anvertrauten, sich damit nicht ganz zu Recht zu finden. Sich Zeit nehmen, darauf warten, dass sich die Düfte enthüllen, das Glas schwenken, dieses Mal tief im Glas atmen und seine Gefühle mit den vorherigen vergleichen. Und die Übung ein paar Mal wiederholen. In einem Tempo lento. Es offenbaren sich dann Geissblatt, unreife Ananas, weisse Pfirsiche, weisse Blumen, vielleicht etwas weisse Trüffel, dann schrittweise Dörrfrüchte, Aprikosen, Orangenschale (wie auf Weihnachtsdekorationen), trockene Früchte wie Mango und wiederum Ananas,… Das Botrytis wirkt in diesem Jahrgang besonders gemeistert und subtil, wir sind sehr weit weg von den fetten Schönheitsmassstäben des Jahrgangs 2003 (auch, wenn dieser begonnen hat, sich zu beruhigen). Ein Vergleich mit einem Extravagant wäre bestimmt eine ganze Lehre wert. Diese Nase ist für die Ewigkeit gebaut, die Flasche im Voraus entkorken, ja sogar dekantieren, bringt absolut nichts.
Im Gaumen sind wir ganz eindeutig im Barsac. Nichts von dieser typischen Sauternes-Üppigkeit kommt zum Vorschein, es ist wiederum extrem präzis und ausgefeilt. Die 144gr. Restzucker sind perfekt eingebunden, die Säure liefert Frische und sogar eine zusätzliche Komplexität, die Harmonie herrscht, das Ganze scheint unerschütterlich und wieder für eine unbefristete Zukunft gebaut, das Botrytis lässt sich im würzigen Gaumen spüren, es ist purer Wahnsinn, wie kontrolliert das Ganze wirkt. Sogar der Abgang hält unendlich an.
19.5/20.

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