Wir bewerten den unverzichtbaren Hermitage rouge 2010 von Jean-Louis Chave.
20. Januar 2014. Im Carlton, neben der Zürcher Bahnhofstrasse. Es gibt bestimmt grausamere Strafen als das Weinjahr so anzufangen. Nach der genialen Champagner Blanc de Noir Verkostung, über welche unser Weinfreund Goce Nikoloski berichtet hat, lädt mich die sympathische Gruppe von Paul Liversedge MW, Alexandre Challand (Domaine d’Enfer) und weiteren Kollegen ein, ihre Weine zu verkosten. Ein Angebot, welches natürlich nicht abgelehnt werden kann. Mit oder ohne Marlon Brando. Denn das Thema lautete „Nördliches Rhone-Tal“.
Wir haben bereits zwei Berichte über Vertikalverkostungen des roten Her- mitage des Superstars der verschni-ttenen Weine der Kultappellation. Michel Chapoutier und seine fabel-haften Sélections Parcellaires vs. Jean-Louis Chave und seine wissenschaftlich präzisen Assembla- gen veröffentlicht… Genau als perfekte Fortsetzung dieses Ansatzes präsentiert sich der rote Hermitage 2010.
Selbstverständlich bietet der Wein in der aktuell extrem jugendlichen Phase viel Holz, was verschiedene Teilnehmer der Verkostung zu beklagen hatten. Doch wirkt dieses nicht überschwänglich oder karikaturistisch wie es manchmal in anderen Anbaugebieten oder Appellationen anzutreffen ist. Die Frische des Hermitage wiegt diese erste Eigenschaft bereits optimal auf was verhindert, dass der Wein plump wirkt. Die zweite Nase liefert ein erfreuliches Zeugnis an Komplexität, Eleganz und Konzentration. Es gibt eine Rasse in diesem Erzeugnis, dessen Herkunft nur auf Les Bessards hinweisen kann, welche nicht gleichgültig lässt. Das Bouquet enthüllt ein riesiges Versprechen und die Düfte sind bereits perfekt definiert. Süsse, schwarze Johannisbeeren, Cassis de Dijon, Fruchtgelee schwarzer Beeren und ausgereifte Pflaumen, aber auch etwas weisse Blumen und ein Hauch Mineralität bilden das geniale Aromaspektrum. Diese Nase ist unwiderstehlich. Der Gaumen liefert einen hedonistischen Schmelz, es zergeht unter der Zunge und offenbart ein grossartiges Umami Gefühl. Das ist ultrafein, ultrageschliffen und ziseliert, das ist das Werk eines Laserkünstlers, welcher der Syrah-Rebsorte eine Liebeserklärung macht. Das ist aber auch dicht und konzentriert. Die Aromen setzen sich im Anklang mit den Düften in der Nase fest und die Säure beflügelt das Volumen und bringt ihm Frische und Präzision. Der Abgang ist lang, würzig und vervielfacht das Gefühl des Vergnügens. 19.5/20.