Ist es Ihnen nie passiert, dass Sie Eichen-, Naturkork- und Eichenmoosaromen verwechseln, während Sie gerade einen grossartigen, reintönigen Nebbiolo-Wein verkosten? Ist es Ihnen nie passiert, an einem Abend am gleichen Tisch mit einem „Parfüm Schöpfer“ zu sitzen und höchstens einzelne Düfte zu erkennen, während Ihr Gast nicht aufhören kann, die einzelnen aromatischen Komponenten zu nennen?Eigentlich führen alle Wege nach Rom. Die einen sind kurvenreich und die entsprechenden Gedanken verschlungen, die anderen gehen Etappe nach Etappe vor. Nehmen wir ein Glas von Ihrem Lieblingswein. Oder gerade eines von einem Wein, welchen Sie tags zuvor gekauft haben. Identifizieren Sie sechs Aromen. Eigentlich nicht viel. Haben Sie sie jetzt gefunden? Wahrscheinlich nicht. Es ist aber keine Schande, denn die Menschen haben im Verlauf der Jahrhunderte, ja sogar der Jahrtausende völlig andere Fähigkeiten entwickelt als die Tiere. Wir leben in einer visuellen Gesellschaft und verbrauchen nicht selten Convenience Food, in welchem die Aromen meistens verfälscht wurden (zu viel Zucker, zu viel Salz, keine natürlichen Aromen,…). Sind wir immer noch in der Lage, die einzelnen Düfte zu erkennen? Eine weitere Idee bezieht sich auf eigene Erfahrungen, welche sich seit der Geburt entwickelt haben. Erkennt jemand Noten von Sellerieknolle, wenn er mit diesem Gemüse nichts anfangen kann? Unterscheidet ein Konsument die Aromen von Kaffee und Milchschokolade, welche zwei gemeinsame chemische Komponenten besitzen (Dimethylpyrazine und Vanillin), wenn sie weder das Eine noch das Andere brauchen? Das Buch von Richard Pfister liefert eine Vielfalt an Ratschlägen und eine vielversprechende und besonders einfache Methodologie zur Entschlüsselung der Aromen.
Der Autor
Richard Pfister, Önologie- und Weinbauingenieur, hat ein paar Jahre lang als Oeno- Parfümeur gearbeitet, bevor er eine neue Karriere im Bereich der sensorischen Analyse angefangen hat. In diesem Rahmen hat er bereits 2004, als er seine Diplomarbeit an der Universität von Changins verfasste, eine neue „Methodologie des Geruchssinnes in der Duftwahrnehmung zwecks einer neuen Klassifizierung der Weinaromen“ („méthodologie de l’olfaction en parfumerie pour une nouvelle classification des odeurs du vin“) entwickelt.
Das Buch
Fachleute, Studenten, Weinliebhaber, aber auch Neugierige werden die Methodologie schätzen und bestimmt auch anwenden. Denn es geht darum, die 150 beschriebenen Düfte, welche im Wein erkennt werden können, nicht nur klassisch nach Kategorie (Würzig, Floral, Animalisch, Holzbetont, Laktisch, Empyreumatisch, Fruchtig, Pflanzlich und Mineralisch), sondern auch in 19 Familien einzuordnen . Ähnlichkeiten, Verwirrungen, chemische Komponenten werden somit entweder verglichen, vereinfacht oder sogar entschlüsselt. Ratschläge werden ausgiebig gegeben, welche es ermöglichen, sich die einzelnen Düfte einzuprägen (nach Rebsorte, usw.)
Fazit
Persönlich schätze ich dieses Buch als besonders didaktisch, zugänglich und hilfreich. Wenn auch manchmal nicht ganz nachvollziehbar ist, warum gewisse Aromen (z.B. Mokka) fehlen. Was sich eigentlich durch die Tatsache begründen lässt, dass dies komponierte Aromen sind, liefert dieses Werk eine hervorragende Methodologie, um die einzelnen Aromen effizient zu lernen und somit Fehler zu vermeiden. Bananenaromen sind somit im Pinot Noir durchaus vorstellbar. Himbeere und Erdbeere können (sei es nur wegen deren chemischen Komponenten) nicht verwechselt werden. Ananas und Erdbeere dafür schon (sie teilen vier chemische Aromen und Ananas besteht zusätzlich aus Allylcaproat), wobei jeder weiss, dass die erste Frucht ausschliesslich in Weissweinen vorhanden ist. Schliesslich geht jeder auf eine eigene, spannende Entdeckungsreise. Last but not least wurde Richard Pfister nicht per Zufall beauftragt, eine Kerze zu „kreieren“, deren Aromen diejenigen eines klassischen Chateau Angélus sind.