Das Können von Louis Bovard ist nicht zu bestreiten Vor allem aus dem Grund, weil sein akribisch geführtes Weingut vor einigen Jahren im Referenzwerk von Michel Bettane und Thierry Desseauve über die besten Weine der Welt aufgeführt wurde.
Es ging allerdings um einen anderen Wein als denjenigen, welchen wir in den vorliegenden Zeilen bewerten möchten. Es ging um den Médinette, einen der allerbesten Chasselas überhaupt. Der Médinette, welcher ausserdem über ein beneidenswertes Lagerpotential verfügt gehört unbedingt in jedem Keller. Der Médinette bricht allerdings keine Tabus. Mit diesem Erzeugnis beweist das 75jährige Mitglied zweier Vereine, einerseits des ambitiösen Baronnie du Dézaley, andererseits des hochgehobenen Arte Vitis (welches u.a. auch Pierre-Luc Leyvraz und Blaise Duboux zählt), dass die so oft verunglimpfte Rebsorte auch die Vinifikation reintöniger und extrem präziser Weine ermöglicht. Zusammen mit seinen Kollegen des Lavaux (Bestandteil vom UNESCO Weltkulturerbe) hat Louis Bovard bewiesen, dass diese Rebsorte zu den besten gehört und, dass sie in den besten Händen eine ausserordentliche Komplexität aufweisen kann. Nicht per Zufall wurde er schliesslich Mitglied des prestigeträchtigen Mémoire du Vin Suisse (MDVS).
Der Wein, welchen wir nun bewerten möchten, heisst Phlox. Der Jahrgang ist 2009. Der Wein wurde vor kurzem verkostet, als Nachbarn (am 5. August 2013) zu meiner Frau und mir kamen, um ein Privatereignis mitzufeiern. Phlox, ein reinsortiger Chenin Blanc, ist das Ergebnis eines Unfalls. Was bei Louis Bovard weder selten noch unabsichtlich passiert. In diesem Sinne hat der Winzer bereits probiert, einen Wein ohne biologischen Säureabbau (BSA) auszubauen oder sogar neue Rebsorten auf potentiell ungeeigneten Böden zu erziehen. Er arbeitet strikt nach biodynamischen Grundsätzen im Weinbau. Da unternimmt er alles, um immer nur das Beste zu erzeugen. Wie schon gesagt ist Phlox das Ergebnis eines Unfalls. Im Herbst 2009 wurden die Chenin Blanc Trauben unerwartet durch den Pilz Botrytis Cinerea befallen. Die Ernte erfolgte unter diesen Umständen allerdings in drei „Tris“ (um auf die AOC Vouvray hinzuweisen) und jeder auf dem Weingut war besonders gespannt. Was könnte wohl das Ergebnis dieses Unfalls sein?
12.8% Alkohol, 80g. Restzucker, 5 g./l. Säure. Feine, doch ziemlich durchdringliche Nase nach ausgereiften Aprikosen. Moderate, allerlei kandierte Zitrusfrüchte, Mandarinenschale, nicht zu komplex, dafür harmonisch und ausgewogen. Der Antrunk zeigt die Richtung bzw. die Säure, welche eine schöne Frische liefert. Der Wein macht Spass in einem relativ strengen bzw. konzentrierten Stil. Es gibt sehr viel Wein. Erinnert eigentlich mehr an einen sauberen, spät gelesenen Condrieu als an einen Süsswein der Loire. Weder zu viel Restzucker noch zu viel lebhafte Säure. Im Gaumen, schöner, dichter Fluss. Anhaltender Abgang. 16.75/20.