Blah, blah, blah. So kommt es mir gelegentlich vor, wenn ich die Bewertungen der Weine von Daniel und Martha Gantenbein lese. So viele Schreibende brauchen einen local hero und schaffen es auch noch, Marmelade auf beide Seiten des Butterbrots zu streichen.
Eigentlich schade! Denn zumindest der Pinot Noir erweist sich immer wieder als grosse Sensation. Was wiederum Enttäuschungen wie diese anlässlich unserer Februar-Verkostung „Pinot Noir: Eine Europäische Auswahl“ nicht verhindert. Zur Erinnerung haben die Jahrgänge 2002 und 2006 suboptimal abgeschlossen.
Ganz im Gegensatz zum 2010! Wir durften dieses Jahr bereits zweimal den Pinot Noir 2010 des Bündner Winzerehepaars verkosten und möchten Ihnen nun unsere Bewertung nicht weiter vorenthalten.
In einem Gespräch mit Max Gerstl verrät die sehr sympathische Martha Gantenbein: „Im Nachhinein bin ich sicher, dass wir den perfekten Erntezeitpunkt erwischt haben. Der Wein ist reif, aber kein bisschen überreif.“ Genauso ist es. Dieser Wein riecht derart intensiv nach ausgereiften, saftigen Burlat-Kirschen, dass dafür Liebe auf den ersten Blick entsteht. Die Nase wirkt komplex, extrem tief und dicht, ausgewogen und harmonisch. Die Aromen werden durch frische Erdbeeren und florale Noten ergänzt, was die Vielschichtigkeit noch erhöht. Man könnte Minuten lang daran riechen, es ist einfach sinnlich und irgendwie lasziv. Ob in der Bündner Herrschaft, im Burgund oder wo auch immer auf der Welt wo grandiose Pinot vinifiziert werden ist irrelevant, dieser Wein ist einfach unwiderstehlich. Zum ersten Mal seit langem begegnen wir einem Pinot von Gantenbein, welcher weniger als zehn Jahre braucht, um seine wahre Grösse zu entfalten. Im Gaumen wirkt der Wein nicht nur wiederum frisch und komplex, sondern auch voller Subtilitäten und Finessen. Konzentriert, dicht, mit der richtigen Prise Würzigkeit ausgestattet ist er auch. Ein Versprechen für sehr lange Jahre ist das, obwohl man ihn am liebsten bereits heute austrinken möchte. Man müsste eigentlich die gnadenlose Methode von Luca Maroni anwenden und so rechnen, wie viel Extrakt es in diesem Wein gibt. Dieser wirkt genauso süss wie ein grosser Pinot sein muss. Das ist schlechthin umwerfend. 19/20.